Wer schon die eine oder andere meiner Veröffentlichungen oder mein Buch gelesen hat, der weiß, dass ich ein großer Freund von zielführenden Vertriebsprozessen bin.

Ein Trainerkollege bezeichnete mich kürzlich als „Vertriebsfuzzie“, was durchaus positiv gemeint war und was ich auch als Kompliment auffasse.

Ich vertrete leidenschaftlich die Meinung, dass man in Unternehmen klare und möglichst einfache Prozesse implementieren muss, um nachhaltig erfolgreich zu bleiben.

In Workshops, Trainings oder auf Veranstaltungen drehen sich die Fragen und Gespräche aber auch immer wieder um ein Thema, welches bei all den nüchternen Prozessen, Strategien und Konzepten nicht außer Acht gelassen werden kann – die emotionale Ebene im Verkauf.

Trotz all der Technik, trotz Social-Media und automatisierten Vertriebsprozessen und trotz CRM, Digitalisierung und sonstigen Dingen, die sich der Homo-Öconomicus ausgedacht hat, sind und bleiben die handelnden Personen – die Menschen – doch noch die entscheidenden Faktoren im Verkauf. Und deshalb können Befürchtungen, Hoffnungen, Gefühle, Frustrationen, Motivation und Demotivation, Neid, Wut, Sorgen und Ängste und alles, was sich sonst noch auf emotionaler Ebene abspielt, nicht ignoriert werden.

Wir alle – und ich schließe mich hier ausdrücklich mit ein – kennen doch Situationen, wie die Folgenden:

  • Wir haben uns fest vorgenommen, Telefonakquise zu machen und können uns einfach nicht aufraffen, den Hörer in die Hand zu nehmen und loszulegen, weil die unweigerlich kommenden „Neins“ uns schon im Voraus frustrieren
  • Nach drei vier Telefonaten, in denen wir uns nur verbale Ohrfeigen abgeholt haben, ist unsere Motivation auf dem Nullpunkt
  • Der sicher geglaubte Auftrag geht nun doch an die Konkurrenz, was uns Schmerz, Frust und Enttäuschung bereitet
  • In der jährlichen Verhandlungsrunde mit unserem Stammkunden haben wir unsere Preisvorstellungen wieder nicht durchsetzen können
  • Obwohl wir alles bestens geplant haben und bei unserem Kunden im Wort stehen, wurde die Lieferung nun doch aufgrund von internen Problemen nicht fristgerecht ausgeliefert
  • Und, und, und…

Ich bin mir sicher, Sie alle könnten diese Liste noch unendlich erweitern.

Rückschläge, Niederlagen, Enttäuschungen, Ängste und Befürchtungen – viele negative Emotionen, die uns als Verkäufer zum Teil extrem frustrieren und die unsere Motivation zerstören. Aber was hilft das alles? Wir müssen trotzdem unseren Job machen. Dafür werden wir bezahlt und das fordert unser Chef gnadenlos und mit Recht ein.

Ich habe kürzlich ein Zitat von Christian Lindner gelesen, welches die Problematik auch im Vertrieb treffend auf den Punkt bringt.

„Die Kunst des Lebens ist es, sich nicht gefangen nehmen zu lassen von der Frustration, sondern dann aufzustehen und dennoch weiterzumachen.“

Im Verkauf braucht man besondere Qualitäten. Sylvester Stallone hat diese in seinen Rocky-Filmen, zwar extrem überzeichnet, aber doch sehr eindringlich, dargestellt. In der Boxersprache bezeichnet man diese als die berühmten Nehmerqualitäten.

Hinfallen – aufstehen – den nächsten Schlag bekommen – wieder hinfallen – und wieder aufstehen – uns so weiter und so fort…

Nicht jeder, der im Vertrieb und Verkauf tätig ist, wurde von Mutter Natur mit den erforderlichen Fähigkeiten zur Frustbewältigung und Selbstmotivation gesegnet.

Auch, wenn es martialisch klingt – Sieg und Niederlage oder auch Erfolg und Misserfolg sind reine Kopfsache. Jeder hat es selbst in der Hand, ob man eine Niederlage als Katastrophe ansieht und ins Jammertal fällt oder ob man in der Lage ist, sich mit der Kraft der eigenen Gedanken wieder positiv zu programmieren.

Ob wir im Vertrieb erfolgreich sind, hängt zu einem großen Teil davon ab, was sich zwischen unseren Ohren abspielt.

Deshalb sollte sich jeder, der vertrieblich tätig ist, Techniken, Methoden und Rituale aneignen, um die erforderliche Motivation immer und immer wieder aufzubringen.

In einem Unternehmen aus der Metall- und Elektroindustrie, welches ich über einen längeren Zeitraum begleitet habe, berichteten die Verkäufer in Workshops und Trainings immer wieder von ihren mentalen Problemen.

Es stellte sich heraus, dass fast alle aus dem circa 20-Personen starken Vertriebsteam immer wieder mit Motivationslöchern zu kämpfen hatten. Manche aufgrund von häufigen Rückschlägen oder Frustrationen, manche auch einfach nur, weil sie mal einen schlechten Tag oder eine unglückliche Phase hatten. Sogar die Topverkäufer und die emotionalen Leader gaben nach anfänglichem Zögern offen zu, dass auch sie hin und wieder mal einen kleinen Hänger hatten.

Wir installierten einen sogenannten Motivationszirkel, den ich anfangs noch moderierte, der aber relativ schnell in die eigene Verantwortung des Vertriebsteams überging.

Von vielen zunächst belächelt oder argwöhnisch beäugt, trafen wir uns im vierwöchigen Rhythmus zu einer maximal einstündigen Veranstaltung.

Dabei ging es nicht darum, sich gegenseitig über die erlittenen Niederlagen hinwegzutrösten und die vergossenen Tränen zu trocknen. Nein, ganz im Gegenteil.

Anhand von erfolgreichen Projekten, gewonnenen Rabattschlachten und auch kleineren, zum Teil persönlichen Triumphen, wurden die Erfolgsfaktoren identifiziert und darauf aufbauend Best-Practice-Ansätze entwickelt und für alle aus dem Team nutzbar gemacht.

Ohne das anfangs befürchtete „Tschakka-Tschakka“ und ohne tiefenpsychologisches Tamtam entwickelten wir Rituale, die für eine positive Grundstimmung sorgten und aus denen wirksame Motivationshilfen für alle entstanden.

So gelang es sogar, die Skeptiker und die, die üblicherweise alles schwarz malen und mit ihrer schlechten Laune gerne auch mal den Energielevel einer ganzen Gruppe in den negativen Bereich ziehen, zumindest ansatzweise positiv zu stimmen und erfolgreiche Glaubenssätze in die Köpfe zu pflanzen.

Wie mir der Vertriebsleiter kürzlich im Telefonat berichtete, war rückblickend neben der Prozessarbeit der Motivationszirkel das wirkungsvollste Instrument, dass wir während unserer Zusammenarbeit auf die Beine gestellt haben.

Aber auch, wenn man als Verkäufer nicht in einem größeren Team zusammenarbeitet oder als Freiberufler, Consultant oder Trainer sowieso auf sich alleine gestellt ist, gibt es Möglichkeiten, wie man trotz unvermeidbarer Rück- und Tiefschläge die eigene Motivation hochhalten und ein positives Mindset entwickeln kann.

Rückschläge und Niederlagen gehören zum Leben dazu. Die Frage ist aber immer, wie man damit umgehen möchte.

Jeder kann für sich Glaubenssätze und positive Gedanken entwickeln, die einem helfen, auch mit negativen Erlebnissen und Gefühlen positiv umzugehen.

Siege und Erfolge – und nicht zuletzt Verkaufserfolge – entstehen im Kopf. Wir selbst – jeder einzelne – hat die Wahl und die Möglichkeiten, dafür die Grundlagen zu legen.

Die erforderlichen Techniken zur Entwicklung eines positiven Mindset kann man erlernen. Gerne unterstütze ich Sie dabei.

Holger Steitz ist Trainer, Berater, Redner und Autor für Vertrieb, Führung und Verhandlungstechniken im B2B-Umfeld und der Kopf von SALE DIRECT. Die SALE DIRECT GmbH unterstützt B2B-Unternehmen bei der Entwicklung und Optimierung von Vertriebsstrategien und bei der Umsetzung von Konzepten zur Neukundengewinnung für erklärungsbedürftige Produkte und Dienstleistungen.

In dem im Haufe-Verlag erschienenen Fachbuch “Verkaufen ohne Tricks und Kniffe: Mit System zum B2B-Vertriebserfolg”, beschreibt Holger Steitz den kompletten Verkaufsprozess für Investitionsgüter und Dienstleistungen und gibt für alle Phasen Praxistipps für Einsteiger aber auch für Vertriebsverantwortliche in Unternehmen.

Meistens beschäftige ich mich in meinen Beiträgen ja mit Themen, bei denen es im weitesten Sinne um die Neukundengewinnung geht.

Erstansprache, Kundenqualifizierung, Akquiseprozesse, XING und LinkedIn im Vertrieb, Angebotsmanagement, Preisverhandlungstechniken, den Vertragsabschluss sowie die Effektivität und Effizienz in der Vertriebsarbeit.

Mit diesem Beitrag möchte ich mich mit dem Thema Bestandskundenmanagement befassen und hier besonders die Möglichkeiten zum Ausschöpfen der vorhandenen Potentiale bei den Bestandskunden beleuchten.

Ich erinnere mich noch sehr gut an eine Situation, die schon viele Jahre zurückliegt. Als Vertriebsleiter eines Unternehmens aus der Elektrotechnik-Branche war ich mit einem unserer Außendienstmitarbeiter bei einem Kunden. Unser Gebietsvertreter – ein erfahrener Handelsvertreter – führte mich zu einem unserer langjährigen guten Kunden aus dem Bereich der Energieversorgung.

Wir saßen bei dem technischen Leiter, tranken Kaffee, knabberten Kekse, und betrieben fleißig Smalltalk. Nachdem uns allmählich der Redestoff ausging, versuchte ich das Thema in Richtung des Geschäfts zu lenken.

Wir lieferten seit vielen Jahren Kabelverteilerschränke in unterschiedlichen Größen, die wir anschlußfertig nach den technischen Vorgaben des Kunden komplettierten und auf Abruf direkt in die verschiedenen Außenläger zustellten.

Pflichtbewusst fragte ich nach, ob man denn mit der Qualität unserer Produkte, unserem Lieferservice und der Betreuung durch den Verkäufer zufrieden sei.

Der Betriebsleiter bekundete, dass wir zu den zuverlässigsten Lieferanten gehörten, mit einem ausgezeichneten Service und einer vorbildlichen Betreuung durch unseren Außendienst. Man erwarte für das kommende Jahr in etwa gleichbleibende Mengen und, sofern von Seiten des Einkaufs dem nichts entgegen spreche, sollten wir davon ausgehen, dass wir auch im folgenden Jahr den größten Teil des Bedarfs an Kabelverteilerschränken liefern dürften.

Hoch erfreut bedankte ich mich brav und begann, das Cross- und Up-Selling-Potentail des Kunden zu ergründen, was damals allerdings noch nicht so bezeichnet wurde. ;-)

Ich erwähnte, dass wir bisher ja nur einen Teil unseres Produktprogramms an den Kunden liefern, und fragte nach, ob man denn keine Hausanschluss-Säulen, Niederspannungsverteilungen oder Zählerschränke benötige.

Im Augenwinkel beobachtete ich, dass unsere Handelsvertreter nervös und umständlich versuchte, unseren Produktkatalog aus seinem Aktenkoffer zu fingern und irgendwie eine unnatürliche Gesichtsfarbe angenommen hatte.

Der Betriebsleiter unseres Kunden war Profi genug, um den Außendienstler nicht allzu schlecht aussehen zu lassen. Nach einer umständlich langen Vorrede beteuerte er, dass er sehr wohl wisse, was wir noch alles anbieten könnten, dass es bisher aber „nicht gepasst“ habe.

Ich beließ es zunächst dabei. Unser Außendienst-Kollege führte dann anhand unseres Produktkatalogs unsere komplette Lieferpalette vor und stellte sich dabei so ungelenk an, dass es nicht zu übersehen war, dass er sich selbst schon länger nicht mehr damit auseinander gesetzt hatte.

Später, im Auto sitzend, versicherte der Handelsvertreter, dass er sowohl dem Technischen Leiter als auch dem Einkauf mehrmals unser gesamtes Programm vorgestellt habe, es aber, aus für ihn nicht nachzuvollziehenden Gründen, noch nicht zum Auftrag gekommen sei.

Mir war klar, dass hier in den letzten Jahren einiges nicht wirklich gut gemacht wurde. Unser Außendienst war aber ansonsten fleißig und engagiert und auch menschlich gut zu ertragen, sodass ich es bei einer augenzwinkernden, formalen Aufforderung beließ, es zukünftig besser zu machen.

Nun, warum erzähle ich Ihnen dieses schon lange zurück liegende Erlebnis so ausführlich?

Weil es eine Situation und das damit verbundene Phänomen beschreibt, welches ich erstaunlicherweise über die vielen Jahre als Trainer und Berater immer noch und immer wieder erlebe.

Man macht gute und solide Umsätze mit einem Kunden, alle Beteiligten sind weitgehend zufrieden und bescheinigen sich gegenseitig, einen guten Job zu machen, aber die tatsächlich vorhandenen Potentiale werden nicht ausgeschöpft.

Häufig ist es dann der Zufall, der dem Kunden einen Hinweis auf weitere interessante Produkte des Lieferanten gibt, und dann hört man den Ausspruch, „Ach, das machen Sie auch?“

Warum ist das so?

Aus den gemachten Erfahrungen kann ich sagen, dass es nicht den einen, alles erklärenden Grund gibt. Viele Faktoren spielen dabei offensichtlich eine Rolle.

  • Bequemlichkeit und fehlende Erfahrung
  • Unkenntnis über die Leistungen und Prozesse bei dem Kunden
  • Unklare Entscheidungsstrukturen bei den Kunden
  • Regionale und räumliche Trennung von Verantwortlichkeiten auf Seiten des Kunden und des Lieferanten
  • Unzureichende Produktkenntnis des Verkäufers
  • Fehlende oder falsche Anreizsysteme im Vertrieb
  • Etc.

Die Liste ließe sich noch beliebig erweitern, da es sicherlich noch viele individuelle Gründe für das nicht ausschöpfen der vorhandene Potentiale bei den Bestandskunden gibt.

Glücklicherweise erlebe ich aber immer wieder auch Vertriebler und Unternehmen, die gerade im Bereich Cross- und Up-Selling vorbildlich agieren. In deren Vertriebsprozess einfache, aber klare Maßnahmen integriert wurden, mit denen gezielt nach möglichen Chancen für Zusatzgeschäfte, Verbrauchs- und Ersatzteilaufträge sowie Service- und Dienstleistungen gesucht werden.

Im Prinzip gilt es auch hier wieder – wie fast immer im Vertriebsprozess – zur richtigen Zeit die richtigen Fragen zu stellen und beharrlich die erforderlichen Wege zu gehen.

Überall in der Vertriebsliteratur wird darauf verwiesen, dass die Kosten für die Gewinnung eines Neukunden um ein Vielfaches höher sind als die systematische Ausschöpfung der Potentiale bei den Bestandskunden. Zumal man bereits über Ansprechpartner, Erfahrungen in der Zusammenarbeit und oft jahrelang erfolgreich durchgeführte Projekte verweisen kann.

Damit will ich nicht sagen, dass Sie ab sofort auf die Neukundenakquise verzichten sollen. Natürlich nicht!

Die systematische Nutzung von Cross- und Up-Selling-Chancen bei den zufriedenen Kunden bieten aber auf jeden Fall ein großes Potential für Umsatzwachstum, von dem schließlich sowohl das Unternehmen, der Verkäufer und idealerweise auch der Kunde profitiert.

Also, ran an den Speck!

Holger Steitz ist Trainer, Berater, Redner und Autor für Vertrieb, Führung und Verhandlungstechniken im B2B-Umfeld und der Kopf von SALE DIRECT. Die SALE DIRECT GmbH unterstützt B2B-Unternehmen bei der Entwicklung und Optimierung von Vertriebsstrategien und bei der Umsetzung von Konzepten zur Neukundengewinnung für erklärungsbedürftige Produkte und Dienstleistungen.

In dem im Haufe-Verlag erschienenen Fachbuch “Verkaufen ohne Tricks und Kniffe: Mit System zum B2B-Vertriebserfolg”, beschreibt Holger Steitz den kompletten Verkaufsprozess für Investitionsgüter und Dienstleistungen und gibt für alle Phasen Praxistipps für Einsteiger aber auch für Vertriebsverantwortliche in Unternehmen.