Pokerface und feuchte Hände

Im Unternehmensalltag erleben wir immer wieder Situationen, in denen es gilt, die eigenen Interessen zu vertreten und notfalls auch dafür zu kämpfen.

Verhandlung nennt man diese Form der Kommunikation im Allgemeinen und so manchem scheinbar coolen Verhandler mit aufgesetztem Pokerface fällt es schwer, die feuchten Hände unterm Tisch zu verbergen.

Egal, ob es darum geht, intern mit Vorgesetzten oder Kollegen zu verhandeln oder ob man mit Kunden und Lieferanten im Sinne des Unternehmens zu tun hat: Wer gut vorbereitet ist und mit einer schlüssigen Strategie in die Verhandlungen geht, hat klare Vorteile.

Für die Vorbereitung einer jeden Verhandlung ist es zunächst erforderlich, soviel Informationen zu dem jeweiligen Thema zusammen zu tragen, wie nur irgend möglich.

Für eine Preisverhandlung mit Lieferanten oder Kunden sind beispielsweise die Umsatzentwicklungen der letzten Monate, die Planzahlen für die Zukunft oder aufgetretene Probleme im Lieferservice wichtig. Auch Auffälligkeiten hinsichtlich der Qualität oder der Liquidität sowie selbstverständlich harte Fakten zu den zu erwartenden Preisveränderungen bei den Rohstoffen, bei den Energiekosten oder den sich abzeichnenden Lohnentwicklungen sind Gold wert.

Neben Informationen ist es wichtig, mit klaren und eindeutigen Zielen in die Verhandlung zu gehen. Bevor ich also in eine Preisverhandlung mit einem Kunden gehe, sollte ganz klar sein, was ich als Ergebnis mindestens und bestenfalls erzielen möchte.

So könnte man zum Beispiel in die Verhandlung mit einem Großhändler, der als A-Kunde einen großen Teil unseres Umsatzes bringt, mit der Zielsetzung hineingehen, mindestens eine Preiserhöhung von 2 Prozent umzusetzen, das Skonto von 3 % auf 2 % zu reduzieren oder die Bonusregelung in unserem Sinne zu verändern.

An den zu erreichenden Zielen orientiert sich schließlich die Strategie, mit der ich in die Verhandlung gehe.

Was sind die am stärksten wirkenden Leistungsvorteile, die Sie in die Waagschale werfen können? Ist es die zuverlässige Lieferung, die hohe Verfügbarkeit der Teile, die gleichbleibend gute Qualität oder die unkomplizierte Zusammenarbeit mit 24/7 Erreichbarkeit? Vielleicht auch die Kombination oder ganz andere Punkte, die für den Kunden den größten Nutzen der Zusammenarbeit ausmachen. Legen Sie sich die Argumente zurecht und bringen Sie diese als Begründung und Verstärkung ihrer Zielsetzung.

Die Argumentationen, mit denen man die eigenen Ziele erreichen möchte, sollte man dann so detailliert und umfangreich wie möglich zusammentragen und priorisieren. Je genauer ich darlegen kann, welche Punkte für mein Anliegen sprechen, desto besser sind meine Karten.

So sollte man beispielsweise konkret vorrechnen, dass die Erhöhung des Rohstoffes A, der einen Anteil am Produkt von 35 % hat, aufgrund künstlicher Verknappung in den letzten sechs Monaten um 30 % teurer geworden ist, nur deshalb nicht komplett durchgereicht werden muss, weil man bereits durch interne Automatisierungsmaßnahmen noch eine Reduzierung der Lohnstückkosten um 3 % erreichen konnte.

Da man jedoch nicht davon ausgehen sollte, dass die eigenen Argumente unkommentiert und kritiklos akzeptiert werden, macht es Sinn, sich in die Köpfe des Gegenübers zu versetzen. „Im Gehirn des Gegenübers spazieren gehen“, wie man so schön sagt.

Überlegen Sie sich, welche Gegenargumente und möglicherweise auch nicht ganz fairen Tricks ihr Verhandlungspartner aus dem Köcher zaubern könnte.

Eventuell erzählt der Einkäufer, dass er für das kommende Jahr mit höheren Umsätzen aufgrund zu erwartenden höheren Stückzahlen rechnet, um Sie zu ködern. Erwidern Sie nüchtern und sachlich, dass dies an der Ausgangslage nichts ändert, dass Sie trotzdem auf einer Preiserhöhung bestehen müssen und verweisen Sie auf die sachlichen Argumente.

Gerne werden auch Standardfloskeln bemüht, wie beispielsweise „es wird doch alles gerade billiger.“ Dem kann man durch gezieltes Nachfragen, was denn genau billiger wird oder mit dem Zurückholen auf die Sachebene entgegenwirken. Auf jeden Fall sollte man auf die meist gezielte Provokation nicht eingehen, da man sich mit emotionalen Äußerungen in eine ungünstige Position bringen kann.

Dies gilt übrigens in jeder Phase des Verhandlungsprozesses. Bleiben Sie gelassen und entspannt. Überhören Sie Provokationen und leichte persönliche Angriffe und setzen Sie ihr Pokerface auf. Echte und ins persönliche gehende Beleidigungen müssen Sie sich natürlich nicht gefallen lassen. In diesem Falle darf man ein Gespräch auch gerne freundlich, aber bestimmt beenden und einen neuen Termin in anderer Umgebung und gegebenenfalls im Beisein der Vorgesetzten vorschlagen.

Generell sollten gute Verhandler auch gute Zuhören sein und sich emphatisch in den Gegenüber hineinversetzen können. Was ist mein Gegenüberüber für ein Mensch? Welche Motive hat er? Steht er unter Druck oder ist er in der Lage Druck für mich aufzubauen? Empathie und Einfühlungsvermögen sind hier gefragt und es gilt, alle Antennen auf Empfang zu schalten.

Meist laufen Verhandlungen absolut professionell ab und so gilt es dann, neben den harten Fakten und den psychologischen Aspekten, noch die Kunst des Verhandelns an sich zu beherrschen.

Sie nennen natürlich nicht Ihr gewünschtes Verhandlungsergebnis, sondern planen „Verhandlungsmasse“ ein. Sie halten sich ein bis zwei „Goddies“ in der Hinterhand, mit denen Sie Ihr Entgegenkommen demonstrieren, wenn es hart auf hart kommt. Und natürlich verweisen Sie auf Ihre eingeschränkte Verhandlungskompetenz, wenn das Ziel noch zu weit entfernt und momentan scheinbar nicht erreichbar ist. Damit bauen Sie Druck auf und können beim nächsten Termin doch noch den einen oder anderen Punkt in Ihrem Sinne verbessern.

Verhandlungen gehören zum Berufsleben und nicht nur im Vertrieb gilt es, die notwendigen Techniken zu beherrschen, wenn man nachhaltig erfolgreich sein oder bleiben will. Und wie fast überall gilt auch hier, Übung macht den Meister.

Die SALE DIRECT GmbH unterstützt B2B-Unternehmen bei der Entwicklung und Optimierung von Vertriebsstrategien und bei der Umsetzung von Konzepten zur Neukundengewinnung für erklärungsbedürftige Produkte und Dienstleistungen. Holger Steitz ist Berater, Trainer, Redner und Autor für Vertrieb, Führung und Verhandlungstechniken im B2B-Umfeld und der Kopf von SALE DIRECT.

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