Nicht mein Zirkus – nicht meine Affen

 

In Coaching-Gesprächen kommt es in den letzten Monaten auffällig oft zu Situationen, in denen meine Gesprächspartner sich regelrecht in Rage reden. Emotional aufgeladen berichten mir die Coachees, wie belastend es für sie ist, zu erleben, dass aus deren Sicht, momentan vieles in die ganz falsche Richtung läuft.

Die Kanzlerin, der Gesundheitsminister, die Ministerpräsidenten, der Drosten und der Wieler und natürlich auch die Großkonzerne, die haben ja alle überhaupt nicht verstanden, was jetzt wirklich zu tun wäre. Eigentlich müssten die doch dies und jenes umsetzen und auch mal hören, was das Volk sagt. „Die müssten sich mal eine Woche auf meinen Stuhl setzen“, sagte mir in der letzten Woche der Geschäftsführer eines mittelständischen produzierenden Unternehmens.

Ich muss gestehen, dass ich mich immer wieder dabei ertappe, wie ich in das Wehklagen mit einstimme. Schließlich bin ich auch Unternehmer und direkt von all dem betroffen, was gerade so entschieden und umgesetzt wird und, glauben Sie mir, auch ich würde manchmal gerne laut losschreien. Dabei ist es schon recht vermessen zu glauben, man wüsste es besser. Zumal es sich aktuell ja wirklich um eine Ausnahmesituation handelt, für die es keine Blaupause gibt und bei der keiner von sich behaupten kann, dass er den richtigen und besten Weg aus der Krise kennt.

Hinter all dem Schimpfen und Zetern steckt natürlich zu allererst eine große Unsicherheit und häufig auch echte Angst. Angst vor den Auswirkungen für das eigene Geschäft, den eigenen Job und letztendlich um die Existenz und das Wohl der eigenen Familie, und Unsicherheit, weil tatsächlich viele nicht wissen, wie lange die Situation noch anhält. Insofern ist das alles durchaus menschlich verständlich.

Ich muss mich tatsächlich häufig selbst dazu zwingen zu überlegen, ob das, worüber ich mir jetzt gerade wieder die eineinhalb Pfund Eiweiß zwischen meinen Ohren zerbreche wirklich mein Zirkus und meine Affen sind oder nicht. Dazu rufe ich mir das Gelassenheitsgebet von Reinhold Niebuhr in Erinnerung.

„Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“

Meist komme ich mit mir selbst und meinen Gesprächspartnern im Coaching recht schnell überein, dass man als Vertriebsmitarbeiter oder Geschäftsführer eines Unternehmens auf die Entwicklung der Gesamtsituation derzeit so gut wie keinen Einfluss nehmen kann. Demzufolge gilt es, sich auf die Dinge zu konzentrieren, auf die man direkten Einfluss nehmen kann, die meistens sowieso zum eigentlichen Aufgabenspektrum gehören, die man aber vor lauter Wehklagen aus den Augen verloren hat.

Und auf die Frage, welche Dinge das denn sind, brainstormen meine Coachees dann munter los und es entstehen hoch interessante und wirklich handfeste Maßnahmenkataloge, mit denen man direkt in die Umsetzung gehen kann.

Bei Firmenchefs oder Führungskräften kommen dann zum Beispiel folgende Themen heraus:

  • Erweiterung oder auch Konsolidierung des Produkt- und Leistungsportfolios
  • Überarbeiten der Vertriebs- und Marketingstrategie in Richtung Digitalisierung
  • Gezielte Weiterbildung – speziell für den Vertrieb und das Marketing

Vertriebsmitarbeiter denken eher an die folgenden Punkte:

  • Gezielte telefonische Betreuung der Bestandskunden, um die vorhandenen Potenzial zu heben
  • Nutzung von LinkedIn oder XING und Integration von Video-Calls für die Akquise von Neukunden
  • Weiterbildung zum Aufbau der erforderlichen Kompetenzen für den digitalen Vertrieb

Erstaunlicherweise spüre ich häufig alleine durch diesen Perspektivwechsel schon eine Stimmungsänderung bei meinen Coachees. Man kommt aus der Endlosschleife – alles läuft gerade falsch – in die einzig vernünftige Richtung, in dem man die Frage stellt, „was habe ich unter den gegebenen und aktuell nicht veränderbaren Bedingungen in der eigenen Hand?“

Und genau das empfehle ich auch Ihnen. Überlegen Sie sich, was Sie selbst ganz konkret und jetzt sofort tun können und fangen Sie direkt damit an. Verschwenden Sie keine Zeit für die übermäßige Planung sondern kommen Sie in die Umsetzung. Wichtig ist sofort zu starten, auch wenn es noch nicht perfekt ist. Denken Sie daran. Die ersten Glühbirnen haben weniger Licht erzeugt als Kerzen.

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Holger Steitz ist Trainer, Berater, Coach und Autor für Vertrieb und Kundengewinnung, Social-Selling, Führung und Verhandlungstechniken im B2B-Umfeld und der Kopf von SALE DIRECT. Er trainiert und coacht Führungskräfte und Mitarbeiter im Vertrieb und unterstützt mit seiner SALE DIRECT GmbH B2B-Unternehmen bei der Entwicklung und Optimierung von Vertriebsstrategien und bei der Umsetzung von Konzepten zur Neukundengewinnung für erklärungsbedürftige Produkte und Dienstleistungen.

Gerade ist im WILEY-Verlag sein neues Buch “Mach endlich Deinen Job” erschienen.  Darin geht es um Zeitverschwendung, falsche Routinen und faule Ausreden im Vertrieb, aber natürlich auch um Auswege aus diesem Dilemma sowie die richtigen und zielführenden Maßnahmen für erfolgreichen und zeitgemäßen B2B-Vertrieb. Hier gibt es die kostenlose Leseprobe.

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