Warum Rechthaberei schädlich ist im Vertrieb!

In den letzten Monaten hatte ich wieder einmal eine ausgewählte Gruppe von fünf Außendienst-Vertriebsmitarbeitern eines mittelständischen Anlagenbauers im Live-Coaching zu betreuen.

Dabei betreue ich das Team über einen Zeitraum von zwei bis drei Monaten, führe Gruppentrainings zu ausgewählten Vertriebsthemen durch und begleite jeden Vertriebsmitarbeitern bei Kundenterminen aber auch bei seiner täglichen Arbeit am Schreibtisch und am Telefon.

Ziele sind dabei natürlich immer, bestimmt Methoden und Techniken zu verbessern sowie das Verhalten in den Situationen beim Kunden zu reflektieren, um daraus ebenfalls konkrete Verhaltensänderungen abzuleiten, die unterm Strich zu mehr Vertriebserfolg führen sollen. Meistens gelingt das auch😉

Bei einem der regelmäßig stattfindenden Meetings mit der Gruppe, bei der auch die jeweiligen Vorgesetzten zugegen waren, stellte mir einer der Coachees die folgende Frage: „Herr Steitz, wenn es eine Sache gäbe, die wir ändern können, um unsere Sales-Performance zu verbessern, welche wäre das?“

Ich brauchte nicht lange zu überlegen und meine Antwort war eindeutig.

„Hören Sie auf, immer recht haben zu wollen!“

Bei der besagten Gruppe, ausnahmslos alle Techniker oder Ingenieure, fiel ein Phänomen überdeutlich auf. In den Gesprächen mit Kunden verwendeten die Verkäufer häufig Formulierungen wie diese:

  • „Das müssen Sie so und so machen…“
  • „Wenn Sie das so machen wollen, wird es nicht funktionieren…“
  • „… wer hat Ihnen denn das erzählt?“
  • „… aber so wie das in der Anfrage steht, kann das doch gar nicht funktionieren!“
  • „Ich sage Ihnen jetzt mal, wie Sie das machen müssen…“

Und so weiter und so weiter…

Natürlich habe ich die Vertriebler nach den Gesprächen darauf hingewiesen und die Reaktionen waren auch wieder sehr vergleichbar:

  • „Die Kunden haben doch keine Ahnung. Wir müssen denen doch zeigen, wie es geht!“
  • „Ich muss dem Kunden doch zeigen, dass ich Ahnung habe.“
  • „Wie kann man nur mit so wenig Fachwissen über ein derartiges Projekt entscheiden?“
  • „Aber wenn ich doch merke, dass der Einkäufer keine Ahnung hat, dann muss ich ihm doch die Fehler aufzeigen.“
  • „Das sehe ich aber ganz anders…!“

Im Prinzip kann man all diese Aussagen auf ein Wort herunterbrechen: Rechthaberei!

Die Verkäufer meinen, wenn man den potenziellen Kunden mit seinem Fachwissen überzeugt, muss er doch zwangsläufig kaufen. Aber tatsächlich ist genau das Gegenteil der Fall.

Nicht der, der den Kunden rechthaberisch von der eigenen Lösung überzeugen will und dabei die Fachkompetenz des Kunden in Frage stellt, wird den Auftrag erhalten, sondern derjenige, dem es gelingt, über clevere Fragen die bestmögliche Lösung für den Kunden in den Vordergrund zu stellen.

Im Prinzip geht das natürlich über den bereits anderweitig thematisierten Fragenzyklus zur Bedarfsermittlung. Von den Orientierungsfragen geht es zu den Problemfragen, mit denen die eigentliche Anwendung hinterfragt wird, ehe man mit den Auswirkungsfragen nochmal ganz tief in die echte Motivlage des Kunden eindringt, um dann abschließend über die passenden Lösungsfragen das ideale Zielbild zu kreieren.

Mit den Vertriebsmitarbeitern haben wir den Fragenzyklus nochmals auf die verschiedenen Lösungen detailliert ausgearbeitet und die Anwendung trainiert. Darüber hinaus habe ich dem Team die folgenden Grundlagen mit auf den Weg gegeben:

  1. Es geht im Kundengespräch nicht darum recht zu haben, sondern um die bestmögliche Lösung
  2. Wir kommunizieren generell auf Augenhöhe
  3. Wir starten keine Kindergartendiskussionen über richtig oder falsch, sondern fragen, wie der Kunde zu der genannten Einschätzung kommt
  4. Wir stellen gezielt Fragen, die mit wozu und wofür beginnen
  5. Und vor allem: Wir benutzen keine Totschlagformulierungen mehr. Dazu gehören:
    • „Das ist falsch…“
    • „Das muss aber so und so gemacht werden…“
    • „Das wird so nicht funktionieren…“
    • „Das müssen Sie verstehen sonst…“

Kunden wollen nicht von Besserwissern belehrt werden. Kunden wollen von Verkäufern durch gezielte Fragen zur bestmöglichen Lösung geführt werden und das Gefühl vermittelt bekommen, das man mit Ihnen auf Augenhöhe kommuniziert.

Der „Wise Guy“ hat ausgedient! Es braucht den „smarten Kundenversteher“!

…………………………………………………………………………………………………………………………..

Holger Steitz ist Trainer, Berater, Coach und Autor für Vertrieb und Kundengewinnung, Social-Selling, Führung und Verhandlungstechniken im B2B-Umfeld und der Kopf von SALE DIRECT. Er trainiert und coacht Führungskräfte und Mitarbeiter im Vertrieb und unterstützt mit seiner SALE DIRECT GmbH B2B-Unternehmen bei der Entwicklung und Optimierung von Vertriebsstrategien und bei der Umsetzung von Konzepten zur Neukundengewinnung für erklärungsbedürftige Produkte und Dienstleistungen.

Im letzten Jahr ist im WILEY-Verlag sein neues Buch “Mach endlich Deinen Job” erschienen.  Darin geht es um Zeitverschwendung, falsche Routinen und faule Ausreden im Vertrieb, aber natürlich auch um Auswege aus diesem Dilemma sowie die richtigen und zielführenden Maßnahmen für erfolgreichen und zeitgemäßen B2B-Vertrieb. Hier gibt es die kostenlose Leseprobe.

Das aktuelle E-Book von Holger Steitz, “Die ungefähr sieben ultimativen Tipps, um im Vertrieb zu scheitern” können Sie hier kostenlos downloaden.