Kaltbesuche – noch zeitgemäß oder überholt?

Immer wieder werde ich gefragt, ob man heutzutage denn noch unangemeldete Akquisebesuche bei Interessenten machen kann, muss und darf.

Ich habe dazu ausführlich in meinem Buch Verkaufen ohne Tricks und Kniffe: Mit System zum B2B-Vertriebserfolg“ Stellung bezogen, möchte aber auch gerne hier nochmals meinen Standpunkt klar und deutlich darstellen.

In der heutigen Zeit – zur Erinnerung, wir schreiben das Jahr 2017 (Digitalisierung, Internet der Dinge etc, Industrie 4.0, etc.) – ist Akquise durch unangemeldete Kaltbesuche aus meiner Sicht NICHT mehr zeitgemäß.

Ich möchte hier ausdrücklich betonen, dass ich mich bei dieser Einschätzung explizit auf den Verkauf und Vertrieb von erklärungsbedürftigen Produkten und Dienstleistungen – also dem Anlagen- und Maschinenbau, medizinische Geräte und Anlagen, elektrotechnische Anlage und Einrichtungen, die gesamte Zulieferindustrie, komplexe Softwarelösungen oder auch speziell auf die Kundenbedürfnisse ausgerichtete Dienstleistungen und dergleichen – beziehe.

Mir ist sehr bewusst, dass es nach wie vor Produktbereiche und Brachen gibt, bei denen der regelmäßige unangemeldete Besuch bei Kunden und sogar bei noch nicht Kunden üblich ist und zum Teil erwartet wird. Hier und da mag es auch begründete Fälle geben, die Kaltakquise mittels unangemeldetem Besuch noch rechtfertigen, aber prinzipiell sollte man diese Verkaufsmethode, aus meiner Sicht, endlich über Bord kippen.

Schon aus Effektivitäts- und Effizienzgründen kann man dieses vertriebliche Vorgehen auf keinen Fall gut heißen. Man bedenke nur, welche zielführenden Tätigkeiten man als Verkäufer erledigen kann, wenn man auf die unsinnige Kilometerfresserei auf den Autobahnen und Bundesstraßen der Republik verzichtet. Dabei lasse ich den Umweltaspekt noch völlig unbeachtet.

Wie sieht die Situation in der Praxis aus?

Wenn Sie heutzutage ohne Termin in ein Unternehmen kommen, wird man sie in mindestens 9 von 10 Fällen nicht zu dem Entscheider vorlassen. Vermutlich wird man ihnen, ohne dass sie ihren ganzen Charme spielen lassen und halbseidene Tricks anwenden, noch nicht einmal den Namen des verantwortlichen Einkäufers, Betriebsleiters oder IT-Leiters nennen.

Bestenfalls können sie ihre Visitenkarte oder ihre Verkaufsunterlagen an der Zentrale hinterlegen. Diesen Job sollte man aber schon aus Kostengründen besser an die einschlägigen Brief- und Paketdienste übergeben.

Wer regelmäßig Telefonakquise betreibt, weiß ein Lied davon zu singen, wie schwierig es ist, einen Entscheider dazu zu bringen, ein kurzes, zielführendes Telefonat  zu führen. Demzufolge kann man davon ausgehen, dass er für eine Störung seiner Arbeit durch einen unangemeldeten Besuch erst recht nicht besonders offen sein wird. Ganz davon abgesehen, dass die netten Damen und Herren am Empfang darauf trainiert wurden, unangemeldete Besucher abzuweisen.

Um zu verstehen, warum nach wie vor in vielen Entscheiderköpfen der Glaubenssatz zu finden ist, dass Verkäufer und Außendienstmitarbeiter Kaltakquise durch unangemeldete Besuche betreiben sollten, muss man die historische Entwicklung sehen.

In den Wirtschaftswunderzeiten bis weit in die 70er und 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts hinein beschäftigten Unternehmen „Vertreter“, um deren Produkte und Leistungen bei den potentiellen Kunden vorzustellen. Heute übernimmt diese Aufgabe das Internet – Kollege “Google” ist hier besonders aktiv. Kunden sind es inzwischen gewohnt, sich über Produkte und Leistungen über das World-Wide-Web zu informieren.

Den Verkäufern von heute kommt eine ganz andere Aufgabe zu als noch vor dreißig oder vierzig Jahren. Der B2B-Verkäufer von heute muss in der Lage sein, Bedarfe und geplante Projekte bei möglichen Kunden zu finden.

Er muss Techniken beherrschen, um einen Entscheider, der sich gedanklich mit einer Investitionsentscheidung oder einem Lieferantenwechsel beschäftigt, den Weg zu einem für beide Seiten sinnvollen Geschäft aufzuzeigen.

Dazu sollte er Methoden und Prozesse kennen, mit deren Hilfe er zum einen in der Lage ist, diese Bedarfsträger (Leads) zu identifizieren und zum anderen sollte er diesem Entscheider dabei helfen, die für ihn optimale Lösung zu finden.

Als moderner Vertriebsmitarbeiter sollten zwei Dinge zu ihren täglichen Presales-Tätigkeiten gehören.

  1. Zielgerichtete Telefonakquise (Kundenqualifizierung)
  2. Recherche, Kontaktaufbau und -Pflege innerhalb von XING oder LinkedIn

Jeden Tag eine Stunde Telefonakquise, zum Beispiel nach der Kundenqualifizierungsmethode, bedeuten 20 bis 25 Entscheidergespräche pro Woche! Und das mit nur fünf Stunden Zeiteinsatz.

Mit einer Stunde gezieltem Kontaktaufbau und Beziehungspflege in XING oder LinkedIn bauen sie innerhalb kürzester Zeit ein Netzwerk von Entscheidern auf, aus dem sie mittel- bis langfristig Empfehlungen und Aufträge ziehen werden.
Die Kombination von Kundenqualifizierung und zielgerichteter Netzwerkarbeit auf XING und LinkedIn bringt einen zusätzlichen Multiplikationseffekt.

In Verbindung mit einem modernen und integrierten Content-Marketing, verfügt man über ein optimales Presales-Konzept, mit dem man regelmäßig und ohne große Mühe werthaltige Leads und passende Anfragen erzeugt.

In Großunternehmen wird Content-Marketing inzwischen als fester Bestandteil des Marketing-Mix gesehen und seit längerer Zeit umgesetzt. Aber auch in kleinen und mittelständischen Unternehmen und sogar als OneWoMan-Show kann man erfolgreiches Content Marketing betreiben. Einiges kann man selbst realisieren und wenn man das nicht kann oder will, gibt es entsprechende Agenturen.

Regelmäßigkeit und Kontinuität sind die entscheidenden Grundpfeiler einer erfolgreichen B2B-Vertriebsarbeit. Also tatsächlich täglich eine Stunde Telefonakquise und eine Stunde Kontaktaufbau in XING oder LinkedIn.

Damit bleibt noch genügend Zeit für die Angebotserstellung, das Angebotsmanagement und die Preisverhandlung sowie natürlich auch die Besuche bei Kunden mit Potential.
Kilometerfresserei, unnötige Kaltbesuche, Manipulation und halbseidene Tricks hat der erfolgreiche B2B-Verkäufer von heute nicht nötig.

Die SALE DIRECT GmbH unterstützt B2B-Unternehmen bei der Entwicklung und Optimierung von Vertriebsstrategien und bei der Umsetzung von Konzepten zur Neukundengewinnung für erklärungsbedürftige Produkte und Dienstleistungen. Holger Steitz ist Berater, Trainer, Redner und Autor für Vertrieb, Führung und Verhandlungstechniken im B2B-Umfeld und der Kopf von SALE DIRECT.

Mehr B2B-Vertriebs-Knowhow und Ideen für die Neukundengewinnung erhalten Sie in meinem kostenlosen E-Book “Schlüsselqualifikationen erfolgreicher B2B-Verkäufer”. Hier geht’s zum gratis Download.

 

2 Kommentare
  1. Call Center sagte:

    Hallo,

    erstmals vielen Dank für Ihren Beitrag. Ein aktuelles und spanendes Themas für jedes Unternehmen. Neukundengewinnung ist für jedes Unternehmen sehr wichtig und hat die höchste Priorität. Zur Zeit setzten viele Unternehmen auf die Online Neukundengewinnung. Die auch sehr Erfolg sprechend sein kann. Sie ist aber nicht für jedes Geschäftsmodell geeignet, um das höchst mögliche zu erzielen. Die klassische Methode Call Center verliert immer mehr an Wert . Ich persönlich habe positive Erfahrungen mit Call Center Leadgenerierung gemacht. Wenn man sich an die Richtlinien hält und die Arbeit sauber und ordentlich macht, sind die Ergebnisse vielversprechend. Wer vor allem kurzfristig Leads braucht, kommt um das Call-Center nicht herum. Ein großer Vorteil ist, dass man sehr gut an ältere Zielgruppe heran kommt mit besseren Einkommensverhältnissen wie hier https://groe.me/leadgenerierung-vergleich/ beschrieben worden ist. Mit Telefonmarketing erreicht man Zielgruppen die man mit Online nicht schaffen kann.

    Viele Grüße
    S. Otto

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